Kalkfabrik Netstal macht sich fit für die Zukunft

Geschäftsleitung der KFN gibt Einblicke in aktuelle Entwicklungen

Steinbrucherweiterung, mögliche nationale Energiemangellage und innovative neue Einsatzgebiete von Kalk: Die Kalkfabrik Netstal beschäftigt sich derzeit mit diversen Themen. Im Interview geben Heinz Marti, Verwaltungsratspräsident, und Konrad H. Marti, Leiter Unternehmensentwicklung, Auskunft über Aktualitäten und erläutern, was die Arbeit der Kalkfabrik in der kommenden Zeit prägen wird.

Worüber freuen Sie sich im Speziellen, wenn Sie an die letzten Monate der KFN zurückdenken?

Heinz Marti: Dass wir das Bewilligungsverfahren für die Steinbrucherweiterung abschliessen und die Erschliessungsarbeiten zum Steinbruch starten konnten, war ein grosser Schritt für die Zukunft der KFN.

Konrad H. Marti: Ich bin sehr froh darüber, dass wir 2023 nach mehreren Wechseln in der Geschäftsleitung und in Stabstellen gute Nachfolgelösungen finden konnten. Das neue Team hat sich bestens eingespielt und auch der Wissenstransfer verlief erfolgreich.

Die Netstaler Kalkprodukte kommen in zahlreichen Bereichen zum Einsatz. Was sind aus Ihrer Sicht Gründe für ihre grosse Beliebtheit in diversen Branchen?

Heinz Marti: Unsere Produkte gelten in vielen Branchen als ökologisch wertvoll, beispielsweise bei der Rauchgasreinigung oder bei der Aufbereitung landwirtschaftlicher Flächen. Zudem sind sie sehr rein, enthalten also keine gesundheitsschädlichen Nebenbestandteile, und besitzen eine hohe Feinheit. All dies stellen unsere Prozesse sicher. Zudem sind wir nach FSSC 22000 zertifiziert. Unsere Produkte erfüllen also die Voraussetzungen, um sie in Lebensmitteln einzusetzen. Nicht zuletzt schätzen unsere Kunden auch unserer guten Service, beispielsweise in der Logistik, sowie unsere schnellen Reaktionszeiten bei ihren Anfragen.

Haben Sie Pläne für die weitere Diversifizierung Ihres Portfolios?

Konrad H. Marti: Im Bereich Calciumhydroxid, also Weisskalkhydrat, sind wir schon heute führend bei Reinheit und Feinheit. Bei Calciumoxid, also Weissfeinkalk, gilt dies bisher vor allem für die Reinheit. Nun wollen wir unser Portfolio durch eine Verfeinerung von Calciumoxid erweitern, was bei der Verwendung im Kunststoffbereich grosses Potenzial haben könnte. Dies klären wir im Moment im Detail ab.

Kalkprodukte sind für viele Branchen sehr wichtig, Abbau und Verarbeitung von Kalkstein sind jedoch mit grossem Energiebedarf verbunden. Wie stark beschäftigte das Thema eines drohenden Energiemangels in der letzten Zeit die KFN und wie gehen Sie in Zukunft damit um?

Heinz Marti: Die jetzige Situation beunruhigt uns nicht mehr, die Gefahr eines Engpasses ist gesunken. Als die Situation aber sehr angespannt war, haben wir einen grossen Generator gemietet, mit welchen wir die Grundversorgung gesichert hätten. Auch entsprechende Abschalt- und Einschaltpläne wurden erstellt. Beim Gas konnten wird keine solchen Vorbereitungen treffen, beschäftigten uns aber mit technischen Anpassungen am Ofen, damit wir mit möglichst geringer Leistung weiterfahren könnten. Das entsprechende Know-how haben wir nun aufgebaut und werden es in Zukunft falls nötig zum Einsatz bringen.

Wie erleben Sie die Wahrnehmung der Kalkindustrie in der Gesellschaft allgemein?

Heinz Marti: In der Gesellschaft findet allgemein ein Wertewandel statt, wodurch teilweise hinterfragt wird, ob es die Kalkindustrie noch braucht. Dabei werden aber viele Fakten zu wenig berücksichtigt. In einigen Anwendungsbereichen gibt es keine Alternative zu Kalkprodukten, beispielsweise beim Verputzen von Wänden. In anderen Bereichen wie der Rauchgasreinigung gäbe es zwar Alternativen, es ist aber zweifelhaft, ob diese für die Umwelt besser wären.

Konrad H. Marti: Wichtig ist im Hinblick auf CO2 auch, dass man zwischen der Kalkproduktion und der Endanwendung von Kalkprodukten unterscheidet. Bei der Verarbeitung von Kalkstein fällt CO2 an, wobei wir beim CO2 aus dem Brennstoff in den letzten Jahrzehnten eine Reduktion um 50 % erreichen konnten. Vergessen geht aber oft, dass viele Kalkprodukte reaktiv sind. Bei rund einem Drittel der Einsatzgebiete wird CO2 aus der Atmosphäre wieder aufgenommen, beispielsweise in der Verputzindustrie oder Rauchgasreinigung. Zudem besitzt Kalk als Naturprodukt oft einen ökologischen Zusatznutzen.

Seit dem letzten Jahr berücksichtigt die KFN die CO2-Emissionskosten im operativen Geschäft. Wie reagierten Ihre Kunden darauf?

Konrad H. Marti: Da wir ein sehr transparentes Vorgehen wählten, fielen die Reaktionen mehrheitlich sehr positiv aus. Zudem sind die Themen Energie und CO2-Emissionen bei vielen unserer Kunden bereits tief verankert. Sowohl intern als auch extern das Bewusstsein für diese Bereiche weiter zu schärfen, ist im Hinblick auf unsere Verantwortung gegenüber der Umwelt sinnvoll.

Die Arbeiten am eingangs erwähnten Erweiterungsprojekt laufen auf Hochtouren. Wie zufrieden sind Sie mit dem Vorankommen?

Heinz Marti: Die Arbeiten an der Steinbrucherweiterung laufen sehr gut. Wir haben nach wie vor das Ziel, die Seilbahn im Juli dieses Jahres in Betrieb zu nehmen, und mit dem Abbau an diesem Standort zu starten. Die Erschliessung des Steinbruchs verlief zu unserer vollsten Zufriedenheit, nun sind wir mit Vollgas dran, die Gebäude für die Seilbahn fertigzustellen und die entsprechende technische Einrichtung umzusetzen.