Welches Gefühl begleitet Sie im Jubiläumsjahr der KFN?
Heinz Marti: Ich freue mich sehr, dass wir dieses Jubiläum begehen dürfen. 125 Jahre sind keine Selbstverständlichkeit. Natürlich gibt es aktuell weltpolitische Unsicherheiten, die auch Auswirkungen auf Industrie und Absatzmärkte haben können – dennoch blicke ich optimistisch auf das laufende Jahr und hoffe, dass es mit den gewohnten Höhen und Tiefen positiv weitergeht.
Konrad H. Marti: Für mich ist es eine besondere Freude, dass wir das Unternehmen im Rahmen des Jubiläums auch wieder stärker der Öffentlichkeit präsentieren können – zum Beispiel mit dem Tag der offenen Tür. Viele sehen die KFN nur aus dem Auto, wenn sie am Steinbruch vorbeifahren. Aber was alles dahintersteckt, bleibt oft verborgen. Es ist eine tolle Gelegenheit, das zu zeigen.
Wie wichtig ist die Bevölkerung für das langjährige Bestehen der KFN?
Heinz Marti: Ohne ihre Unterstützung hätten wir viele unserer Entwicklungen, insbesondere die aktuelle Erweiterung, nicht realisieren können. Der persönliche Kontakt mit der Bevölkerung ist mir daher besonders wichtig. Das Jubiläum gibt uns die Gelegenheit, Danke zu sagen und unsere Arbeit transparenter zu präsentieren.
Wie ist es für Sie, Teil eines über Generationen erfolgreichen Unternehmens zu sein?
Heinz Marti: Damit verbunden ist eine gewisse Verpflichtung, die Geschichte weiterzuschreiben und das Unternehmen weiter gedeihen zu lassen. Deswegen haben wir uns auch so stark für die Erweiterung engagiert. Mit ihr konnten wir den Grundstein für die weitere Zukunft legen.
Konrad H. Marti: Ich schliesse mich dieser Aussage an. Die Geschichte ist teilweise nicht so spürbar, bei einigen Anlagen sieht man aber schon, dass sie bereits einige Jahre im Einsatz stehen. Zudem haben wir auch eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit. Dies betrifft beispielsweise unsere Unterstützung für Vereine etc. und daneben auch unser Engagement für eine möglichst nachhaltige Kalkverarbeitung.
Wem sind Sie im Hinblick auf die Erfolgsgeschichte der KFN besonders dankbar?
Heinz Marti: Neben der Bevölkerung und Behörden auch vielen unserer langjährigen Mitarbeitenden. Die Leitungspersonen der KFN haben stets darauf geachtet, dass es für alle stimmt, nicht nur für das Unternehmen. Auch schwierige Zeiten haben wir gemeinsam gemeistert. In solchen Momenten haben alle am gleichen Strick gezogen. Wenn es hart auf hart kommt, ist die KFN ein bisschen wie eine Familie.
Konrad H. Marti: Dass wir heute noch da sind, verdanken wir auch der Hartnäckigkeit früherer Generationen. Die Geschichte der KFN begann unter einfachsten Umständen und entwickelte sich Schritt für Schritt zur heutigen industriellen Produktion. Viele Entscheidungen waren im Rückblick richtig – und oft mutig.
Sie beide sind bereits seit langer Zeit mit der KFN verbunden. Was sind ihre frühesten Erinnerungen an die «Chalchi»?
Heinz Marti: Als Kind war die KFN einfach da. Ich lebte in Glarus, man kannte die Fabrik. Die Sirene zur Mittagszeit oder die Sprengungen im Steinbruch waren für uns Kinder schon ziemliche Ereignisse. Dass ich einmal Jahrzehnte meines Lebens hier verbringen würde, habe ich damals aber nicht gedacht.
Konrad H. Marti: Ich kann mich an gewisse Brandereignisse und an Besuche im alten Verwaltungsgebäude erinnern. Daneben auch an Sprengungen – wenn man um fünf Uhr in der Badi war und draussen gesprengt wurde, war das für uns ganz normal.
Was waren persönliche Highlights Ihrer Tätigkeit bei der KFN?
Heinz Marti: Ganz klar die Inbetriebnahmen grosser Anlagen. Die Kiesaufbereitungsanlage 1990, die neuen Öfen – alles Projekte mit Investitionen im zweistelligen Millionenbereich, die wir selbst finanzieren konnten. Besonders prägend war der Weg zur Produktion hochreiner Kalkprodukte, etwa für die Papier- oder Lebensmittelindustrie. Diese Entwicklung war zukunftsweisend.
Konrad H. Marti: Für mich ist es die kontinuierliche Verbesserung. Jahr für Jahr haben wir Prozesse optimiert, neue Qualitätsstandards etabliert, Mitarbeitende geschult. Der Weg hin zur Lebensmittelqualität war entscheidend. Heute ist dieser Anspruch Teil unserer Unternehmenskultur.
Wie hat sich das Einsatzgebiet Ihrer Produkte über all die Jahre verändert?
Heinz Marti: Vor 2000 waren wir stark von der Stahlindustrie abhängig. Heute exportieren wir in viele Länder und bedienen Branchen wie Lebensmittel, Pharma oder Kunststoff. Diese Diversifizierung war zentral, um auf Marktschwankungen reagieren zu können. Flexibilität und Wandelbarkeit prägen die Geschichte der KFN schon lange. Schnelle Veränderungen waren teilweise im ersten Moment einschneidend, aber es ging immer weiter, wir erschlossen uns neue Absatzmärkte und neue Kundengruppen.
Konrad H. Marti: Unsere Produkte sind konstant geblieben, die Anwendungsbereiche haben sich massiv gewandelt. Heute sind wir auch in der Lebensmittelproduktion oder bei natriumarmen Produkten gefragt. Calcium ist nach wie vor eine sehr vielfältige Komponente mit grossem Potenzial.
Welche Entwicklungen prägten die Branche insgesamt?
Heinz Marti: Viele Kalkfabriken verschwanden nach dem Zweiten Weltkrieg, weil zu wenig investiert wurde oder Vorkommen erschöpft waren. Heute gibt es internationale Grosskonzerne. Wir konnten uns behaupten, weil wir langfristig dachten, investierten und neue Wege gingen.
Konrad H. Marti: In Europa ist die Nachfrage nach Kalk stark gesunken, unter anderem wegen der Entwicklung in der Stahl- oder Kohleindustrie. Wir hingegen konnten unser Volumen halten. Das liegt auch an unserer Flexibilität und der Bereitschaft, uns immer wieder neu zu erfinden.
Was sehen Sie als Erfolgsrezept der KFN?
Heinz Marti: Beständigkeit, gute Mitarbeitende, eine gute Führung – und der Wille, selbstfinanziert zu handeln. Unsere Aktionäre haben nie einfach auf Rendite gepocht. Das Geld blieb und bleibt im Unternehmen, um Investitionen zu tätigen. Daher konnten viele Innovationen vorangetrieben werden, ohne Geldgeber überzeugen zu müssen. Langfristiges Denken und Kontinuität haben sich bei der KFN stets bewährt.
Konrad H. Marti: Zusätzlich auch der Wille zur Verbesserung. Wir hinterfragen uns stetig, sei es bei Effizienz, Nachhaltigkeit oder Qualität. Das hat uns stark gemacht.
Was wird die nahe Zukunft der KFN prägen?
Konrad H. Marti: Die Inbetriebnahme des neuen Steinbruchs ist ein grosser Schritt. Auch die Dekarbonisierung bleibt ein zentrales Thema. Technologisch sind wir weit, aber es fehlt noch an tragfähigen Lösungen für Transport und Nutzung des abgeschiedenen CO2. Hier stehen wir mit Partnern im Austausch, beobachten den Markt und bleiben dran.
Wo sehen Sie die KFN in weiteren 125 Jahren?
Heinz Marti: Der Rohstoff ist endlich. Vielleicht sind in 50 bis 60 Jahren aufwendige Erweiterungen nötig oder neue Technologien gefragt. Wir haben stets mit Weitblick geplant und werden dies auch in Zukunft tun.
Konrad H. Marti: Kalk ist und bleibt ein wichtiger Grundstoff, doch die Welt und die verwendeten Technologien verändern sich ständig. Wie, wo und in welcher Form wir ihn in Zukunft nutzen, wird sich zeigen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir Wege finden werden.