«Die KFN wird durch viele kompetente Hände getragen»

Als Leiter Produktion und Betriebstechnik beschäftigt sich René Lüthi mit diversen Facetten der Kalkfabrik Netstal (KFN). Im Interview gibt er Einblicke in aktuelle Investitionen, die Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit und Chancen und Herausforderungen, welche die Zukunft des Unternehmens prägen könnten.

Herr Lüthi, bis 2023 beschäftigten Sie sich mit Hightech-Metallteilen, nun mit dem Naturmaterial Kalk. Wie erlebten Sie diesen Materialwechsel? 

René Lüthi: Kalk und sein vielfältiges Einsatzgebiet faszinieren mich. Ich finde es spannend, dass das Kalkgestein im Brennprozess fast die Hälfte seines Gewichts verliert und als gebrannter Kalk, bei Kontakt mit Wasser, eine starke exotherme Reaktion auslöst. Gelöschter, also mit Wasser angereicherter Kalk, findet als basisches Material wiederum ganz andere Einsatzzwecke. 

 

Welche Herausforderungen gibt es innerhalb der Produktion der KFN?

Kalk als Naturmaterial ist im Hinblick auf die Produktverarbeitung sehr anspruchsvoll. Wir profitieren in Netstal davon, dass das Rohmaterial von Natur aus hochrein ist. Da die Beschaffenheit des Kalkgesteins trotzdem gewissen Schwankungen unterliegt, müssen wir die einzelnen Verarbeitungsschritte inklusive dem zentralen Brennprozess laufend justieren. Eine hohe Anlagenverfügbarkeit erreichen wir nur durch regelmässige Kontrollen der einzelnen Anlageteile, um präventiv agieren oder bei Bedarf schnell reagieren zu können. 

 

Neben Kalkprodukten bietet die KFN auch verschiedene Kiesprodukte an. Gibt es hier ebenfalls spezielle Herausforderungen?

Im Vergleich zu den Kalkprodukten, die teilweise nach lebensmittelzertifizierten Prozessen hergestellt sind, gibt es an die Kiesprodukte wiederum andere Anforderungen. Einige unserer Kiesprodukte sind zertifiziert, es müssen also auch hier jederzeit klare Vorgaben eingehalten werden. Unabhängig davon, ob ein Produkt zertifiziert ist oder nicht, muss die Qualität bei allen Kiesprodukten stets stimmen. Nur dadurch können wir die von unseren Kunden gewohnten und geschätzten Produkte liefern. Dies gilt für unseren «KFN Netstaler» genauso wie zum Beispiel für das «UG 0/45».

 

Wie stellen Sie diese hohen Qualitätsansprüche sicher?

Bereits bei den Bohrarbeiten vor der Sprengung, während der Verarbeitung selbst und direkt vor dem Versand werden Prüfproben entnommen und nach Qualitätsvorgaben ausgewertet. Dies wird grösstenteils im Prüflabor der KFN umgesetzt. 

Nebst der Qualität ist aber auch die Quantität von grosser Bedeutung, um unseren Kunden die geforderten Mengen liefern zu können. Möglich ist dies nur, wenn alle Teammitglieder der KFN am gleichen Strick ziehen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Das ausgeprägte Fachwissen wurde durch die Mitarbeiter der KFN über all die Jahre aufgebaut und wird auch heute fortlaufend und explizit erweitert. Dies funktioniert dank dem Engagement jedes einzelnen Mitarbeiters.

 

Welche Rolle spielt die Betriebstechnik in der Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung?

Die primäre Aufgabe der Betriebstechnik ist die Aufrechterhaltung einer möglichst hohen Anlagenverfügbarkeit. Während dieser Tätigkeit werden die Betriebstechniker mit vielen Herausforderungen konfrontiert, welche wiederum zu interessanten Verbesserungsvorschlägen zur Prozessoptimierung anregen. Themen wie Automatisierung und Digitalisierung sind natürlich ebenfalls allgegenwärtig. Oftmals sind solche Veränderungen mit grösseren Investitionen verbunden und brauchen entsprechende Vorbereitung.

 

Haben Sie hierzu konkrete Beispiele?

Digitalisierung beschäftigt uns derzeit insbesondere im administrativen Bereich, wo Standardprozesse und Datenerfassungen optimiert werden. Bezüglich Automatisierung konnten wir kürzlich eine Erweiterung bei unserer Absackanlage nachrüsten. Dabei wurde eine prozessunterbrechende Reinigungsarbeit durch einen automatischen, in den Prozess integrierten Vorgang ersetzt. Im gleichen Schritt fand ein Umbau statt, bei dem eine manuelle, mechanische Tätigkeit mit einer prozesssicheren, digitalen Einheit ersetzt wurde. 

Im Rahmen der Prozessoptimierung beschäftigen wir uns laufend mit technologischen Neuheiten und Weiterentwicklungen. Werden einzelne Anlagenteile oder -komponenten ersetzt, können wir so kontinuierliche Verbesserungen vornehmen.

 

Welche grösseren Investitionen wurden in den letzten Jahren für die Bereiche Produktion und Betriebstechnik getätigt?

Fast alle grösseren Investitionen der jüngeren Vergangenheit fielen in den Bereich Produktion. Das grösste Projekt war sicherlich die Erschliessung der neuen Abbaugebiete sowie der Bau der Materialseilbahn. Dank der Bewilligung zur Erschliessung neuer Abbaugebiete wurden der KFN die Rohstoffreserven für die nächsten Jahrzehnte zugesprochen. Entsprechend konnten zukunftsorientierte Investitionen angegangen werden. So wurde beispielsweise ein neues Bohrgeräte beschafft, zwei Radlader ersetzt sowie ein neuer Bagger und ein zusätzlicher Dumper erworben. 

 

Wurden auch Investitionen im Rahmen des Nachhaltigkeitsengagements der KFN getätigt?

Da sich die KFN ihrer Verantwortung in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz bewusst ist, gab und gibt es in diesen Bereichen mehrere Investitionen. So nahmen wir zwei Photovoltaikanlagen in Betrieb, eine weitere wird aktuell konkretisiert. Ebenso beschäftigen uns derzeit Investitionen in Alternativen zu Ölheizungen. Zudem sind wir daran, die bestehende Druckluftanlage zu ersetzen. Die derzeitige, in die Jahre gekommene Anlage arbeitet sehr stromintensiv. Durch einen Ersatz resultieren hohe Energieeinsparungen, was wiederum der Umwelt zugutekommt. 

Massnahmen zur Renaturierung stillgelegter Bereiche des Steinbruchs werden laufend umgesetzt. Uns ist es wichtig, diese Bereiche den Pflanzen und Tieren wieder zugänglich zu machen. Mit der Bekämpfung invasiver Neophyten stellen wir dabei sicher, dass sich die «richtigen», also einheimische Pflanzen ungestört ausbreiten können. 

 

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Kalkindustrie und welche Chancen und Risiken erwarten Sie?

Dank der bewilligten Steinbrucherweiterung sind die Zukunftsaussichten sehr positiv. Auch das grosse Know-how unserer Mitarbeitenden rund um Gesteinsabbau und die Kalkverarbeitung stimmt mich äusserst zuversichtlich. Sicherlich bestehen vor allem politisch und wirtschaftlich grosse Unsicherheiten, welche sich durch das Weltgeschehen täglich verändern. Die «Chalchi» wird jedoch durch viele kompetente Hände getragen, daher bin ich überzeugt, dass wir gemeinsam jegliche Herausforderungen erfolgreich meistern werden.